Das Anspruchsprinzip bildet eine der wichtigsten Grundlagen der Sozialversicherung. Es dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft und sorgt dafür, dass jede Person auch tatsächlich die Leistungen erhält, die ihr gesetzlich zustehen.
Die Umsetzung des Anspruchsprinzips erfolgt dadurch, dass für die Berechnung der Leistungen und Beiträge das Entgelt herangezogen wird. Zum Entgelt gehören alle Geld- und Sachbezüge, auf die die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer oder Lehrling Anspruch hat oder die sie bzw. er darüber hinaus auf Grund des Dienst- bzw. Lehrverhältnisses von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber oder von Dritten erhält.
Untergrenze
Die Untergrenze für die Berechnung der Leistungen und Beiträge ist jenes Entgelt, auf das die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer arbeitsrechtlich Anspruch hat (etwa auf Grund gesetzlicher, kollektiv- oder einzelvertraglicher Bestimmungen). Das gilt unabhängig davon, ob die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber dieses Entgelt tatsächlich ausbezahlt.
Damit werden im Fall einer Unterentlohnung leistungsrechtliche Nachteile der Dienstnehmerin bzw. des Dienstnehmers in der Kranken-, Unfall-, Pensions-, Arbeitslosenversicherung und bei der Abfertigung verhindert.
Kranken-, Wochen-, Sonderwochen- und Arbeitslosengelder sowie Renten und Pensionen werden daher zumindest in jener Höhe ausbezahlt, die sich aus dem Anspruchsprinzip ergibt.
Beispiel:
- Entgeltanspruch laut Kollektivvertrag: 2.500,00 Euro
- Tatsächlich ausbezahlter Lohn: 2.400,00 Euro
Lösung:
- Grundlage für die Leistungsbemessung: 2.500,00 Euro
Überentlohnung
Erhält die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer mehr als ihr bzw. ihm arbeitsrechtlich zusteht (etwa bei freiwilliger Zahlung über dem Kollektivvertrag), wird dieser höhere Betrag als Grundlage für die Berechnung der Leistungen herangezogen.
Beispiel:
- Entgeltanspruch laut Kollektivvertrag: 2.500,00 Euro
- Tatsächlich ausbezahlter Lohn: 2.700,00 Euro
- Trinkgelder: 25,00 Euro
Lösung:
- Grundlage für die Leistungsbemessung: 2.725,00 Euro
Weitere Informationen zu den Entgeltbestandteilen finden Sie unter den Links in der Rubrik "Mehr zum Thema".
Gut zu wissen: Einkommensteuer
Bei der Berechnung der Lohnsteuer kommt es im Gegensatz zur Sozialversicherung ausschließlich darauf an, welcher Betrag der Dienstnehmerin bzw. dem Dienstnehmer tatsächlich zugeflossen ist.
Reichen einer Dienstgeberin bzw. einem Dienstgeber die vorhandenen Mittel nicht zur Bezahlung des vollen Arbeitslohnes aus, hat sie bzw. er die Lohnsteuer nur vom verkürzten ausbezahlten Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. Im Einkommensteuerrecht fehlt eine ähnliche Regelung wie im Sozialversicherungsrecht, wonach Beiträge von den zustehenden Bezügen einzubehalten und abzuführen sind und zwar unabhängig davon, ob diese Bezüge auch ausbezahlt wurden.
Autor: Daniel Leitzinger/ÖGK