Für die Beschäftigung von Lehrlingen gelten teilweise spezielle Regelungen. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen mit dem Schwerpunkt Sozialversicherung.
Allgemeine Bestimmungen
Wer ist Lehrling
Lehrlinge sind Personen, die auf Grund eines Lehrvertrages zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberufes in einem Lehrbetrieb fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung tätig werden (§ 1 Berufsausbildungsgesetz – BAG).
Rechtsgrundlagen
Das BAG regelt unter anderem die Ausbildung, die Rechte und Pflichten der Lehrlinge und Lehrberechtigten, das Lehrlingseinkommen und die Ansprüche bei Arbeitsverhinderung. Sofern das BAG nichts Anderes bestimmt, gelten für Lehrlinge grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Arbeitsrechtes (zum Beispiel Urlaubsgesetz, Betriebliches Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, Mutterschutzgesetz 1979).
Zusätzlich sind diverse Verordnungen, wie zum Beispiel die Ausbildungsverordnung oder die Lehrberufsliste, relevant. Darüber hinaus ist für kaufmännische Lehrlinge der Angestelltenkollektivvertrag bzw. für gewerbliche Lehrlinge der Arbeiterkollektivvertrag der jeweiligen Branche anzuwenden.
Beginn der Pflichtversicherung
Die Pflichtversicherung der in einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis stehenden Person beginnt mit dem Tag des Beginnes des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses.
Lehrvertrag
Zwischen dem Lehrling und der Lehrberechtigten bzw. dem Lehrberechtigten ist ein schriftlicher Lehrvertrag abzuschließen, der für die laut Lehrberufsliste vorgesehene Dauer befristet ist. Die lehrberechtigte Person hat binnen drei Wochen nach Beginn des Lehrverhältnisses den Lehrvertrag bei der zuständigen Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer zur Eintragung anzumelden.
Probezeit
Die ersten drei Monate des Lehrverhältnisses gelten als Probezeit. Während dieser kann sowohl der Lehrling als auch die lehrberechtigte Person das Lehrverhältnis jederzeit ohne Angabe eines Grundes und ohne Einhaltung einer Frist schriftlich auflösen.
Lehrlingseinkommen
Dem Lehrling gebührt ein Lehrlingseinkommen. Die Höhe des Lehrlingseinkommens ist in der Regel im Kollektivvertrag festgelegt. Liegt keine kollektivvertragliche Regelung vor, so richtet sich die Höhe des Lehrlingseinkommens nach der Vereinbarung im Lehrvertrag, wobei auf gleiche, verwandte oder ähnliche Lehrberufe Rücksicht zu nehmen ist. Es gebührt jedenfalls ein ortsübliches Entgelt.
Das Lehrlingseinkommen ist auch für die Dauer der Unterrichtszeit in der Berufsschule sowie für die Dauer der Lehrabschlussprüfung weiter zu zahlen.
Hinweis: Kollektivvertragliche Sonderbestimmungen, wie zum Beispiel Anrechnung von Ausbildungszeiten, Höhe der Sonderzahlungen oder Entlohnung von Überstunden, sind zu beachten.
Ende des Lehrverhältnisses
Das Lehrverhältnis endet grundsätzlich mit dem Ablauf der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit. Bei einer vorzeitig abgelegten Lehrabschlussprüfung endet das Lehrverhältnis mit Ablauf der Woche, in der die Prüfung erfolgreich absolviert wurde. Das Lehrverhältnis kann nur in laut BAG vorgesehenen Fällen vorzeitig aufgelöst werden.
Weiterbeschäftigung
Der Lehrling ist nach Ende des Lehrverhältnisses grundsätzlich noch drei Monate im erlernten Beruf weiter zu beschäftigen (Behaltezeit). Für die Dauer der gesetzlichen Behaltezeit kann ein befristetes Dienstverhältnis abgeschlossen werden.
Beitragsabrechnung
Beiträge
Das Lehrlingseinkommen gilt sozialversicherungsrechtlich als Entgelt und damit als Beitragsgrundlage.
Krankenversicherung
Der Krankenversicherungsbeitrag beträgt während der gesamten Lehrzeit 3,35 Prozent. Der Lehrling hat davon 1,67 Prozent und die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber 1,68 Prozent zu tragen.
Unfallversicherung
Für Lehrlinge ist kein Unfallversicherungsbeitrag zu entrichten. Der Lehrling ist aber trotzdem unfallversichert.
Pensionsversicherung
Der Pensionsversicherungsbeitrag beträgt während der gesamten Lehrzeit 22,80 Prozent. Davon entfallen auf den Lehrling 10,25 Prozent und auf die Dienstgeberin bzw. den Dienstgeber 12,55 Prozent.
Arbeitslosenversicherung
Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag beträgt während der gesamten Lehrzeit 2,40 Prozent. Der Lehrling und die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber haben jeweils 1,20 Prozent zu tragen.
Bei geringem Einkommen vermindert sich gemäß Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz der vom Lehrling zu tragende Anteil am Arbeitslosenversicherungsbeitrag und beträgt bei einer monatlichen Beitragsgrundlage
- bis 1.885,00 Euro: 0 Prozent
- von 1.885,01 Euro bis 2.056,00 Euro: 1 Prozent.
Betriebliche Vorsorge
Für Lehrlinge ist ein Beitrag zur Betrieblichen Vorsorge von 1,53 Prozent von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber zu entrichten.
Nebenbeiträge und Umlagen
Für Lehrlinge fällt für die gesamte Dauer des Lehrverhältnisses keine Arbeiterkammer- bzw. Landarbeiterkammerumlage (ausgenommen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Kärnten und in der Steiermark) an. Weiters entfallen der Wohnbauförderungsbeitrag, der Zuschlag nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und der Nachtschwerarbeits-Beitrag.
Schlechtwetterentschädigung
Ist auf ein Lehrverhältnis das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 (BSchEG) anzuwenden, hat die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber bei einem durch Schlechtwetter verursachten Lohnausfall an den gewerblichen Lehrling eine Schlechtwetterentschädigung zu zahlen.
Der zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag für den Differenzbetrag zwischen dem bei Vollarbeit gebührenden Arbeitsentgelt und dem tatsächlich erzielten Entgelt (= Lehrlingseinkommen zuzüglich Schlechtwetterentschädigung) ist von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber zu tragen. Dies gilt für:
- gewerbliche Lehrlinge ohne Doppellehre oder
- gewerbliche Lehrlinge mit Doppellehre, wenn beide Lehrberufe in den Geltungsbereich des BSchEG fallen.
Für Lehrlinge in Angestelltenberufen und gewerbliche Lehrlinge mit Doppellehre, wenn nur einer der beiden Lehrberufe in den Geltungsbereich des BSchEG fällt, ist der Schlechtwetterentschädigungsbeitrag nicht zu entrichten.
Der Schlechtwetterentschädigungsbeitrag beträgt 1,40 Prozent. Der gewerbliche Lehrling und die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber haben jeweils 0,70 Prozent zu tragen.
Hinweis: Bei Urlaub ohne Entgeltzahlung ist ebenso ein Schlechtwetterentschädigungsbeitrag zu zahlen, aber zur Gänze vom gewerblichen Lehrling zu tragen.
Beschäftigtengruppe
Die Beitragsabrechnung erfolgt in der Beschäftigtengruppe Arbeiterlehrling bzw. Angestelltenlehrling. Dies gilt analog für Lehrlinge in der Land- und Forstwirtschaft.
Autorin: Mag.a (FH) Karina Sandhofer/ÖGK