Erbringen Personen Dienstleistungen mit wesentlichen eigenen Betriebsmitteln, ist ein freies Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) ausgeschlossen. Doch was sind "wesentliche eigene Betriebsmittel"? Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat die entscheidenden Kriterien in seinem Erkenntnis vom 15.05.2013, 2012/08/0163 erneut herausgearbeitet.
Sachverhalt
Herr A. betreute als "selbständiger Handelsvertreter" Kundinnen und Kunden. Er verkaufte Produkte der Firma X. und führte bei Kundschaften einfache Messarbeiten durch. Die Firma X. stellte Muster und Preislisten zur Verfügung. Herr A. nahm Termine bei Kundinnen und Kunden mit seinem PKW wahr, verwendete seine eigenen Messgeräte (Wasserwage, Winkelmesser, Metermaß etc.) und nutzte auch keine betriebliche Infrastruktur der Firma X. (Büro, PC, Software etc.). Auch ein Auslagenersatz wurde nicht vereinbart.
Der VwGH hatte zu bewerten, ob Herr A. im Rahmen eines freien Dienstvertrages tätig wurde. Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen für eine Dienstgeberin bzw. einen Dienstgeber verpflichten. Weiters müssen sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen.
Klar war in diesem Fall, dass Herr A. entgeltlich und im Wesentlichen persönlich tätig war. Strittig war nur, ob er über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügte.
Kriterien
Bei der Beurteilung, ob wesentliche eigene Betriebsmittel vorliegen, sind (auf Basis der Erkenntnisse des VwGH) folgende Kriterien maßgebend:
- Es ist zu prüfen, ob sich die freie Dienstnehmerin bzw. der freie Dienstnehmer mit den verwendeten Betriebsmitteln eine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen hat.
- Betriebsmittel sind dann für eine bestimmte Tätigkeit wesentlich, wenn sie entweder in das Betriebsvermögen aufgenommen werden oder wenn sie von vornherein dazu bestimmt sind, der betrieblichen Tätigkeit zu dienen (Lieferwagen, Spezialmaschine etc.).
- Ob ein Betriebsmittel für die Erbringung der Dienstleistung wesentlich ist, richtet sich nach der betrieblichen Struktur der freien Dienstnehmerin bzw. des freien Dienstnehmers, nicht nach jener der Auftraggeberin bzw. des Auftraggebers.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter können keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel darstellen.
- Der Begriff "wesentlich" ist nicht gleichbedeutend mit notwendig oder unerlässlich für die Dienstleistung.
Die Entscheidung des VwGH
Der VwGH kam im Fall der Firma X. zum Ergebnis, dass Herr A. nicht als freier Dienstnehmer zu qualifizieren war, da er über eine maßgebliche eigene unternehmerische Infrastruktur verfügte. In seinem Anlageverzeichnis war eine Büro- und PC-Ausstattung verzeichnet und er führte Fahrten mit dem eigenen PKW durch, ohne dafür Spesen zu verrechnen. Darüber hinaus gehörte ihm eine Laserwasserwage, die auf Grund ihres Anschaffungswertes kein bloß geringwertiges Wirtschaftsgut darstellte. Auch wenn PKW und Computer nicht von vornherein dazu bestimmt waren, der betrieblichen Tätigkeit zu dienen, wurden sie durch die Aufnahme ins Anlageverzeichnis eindeutig diesem Zweck gewidmet.