Im menschlichen Ernährungsspektrum kommt Lactose entsprechend vor allem in Milch (neben Kuhmilch auch in Schaf- oder Ziegenmilch) und Milchprodukten vor. Bei der Käseherstellung wird ein Teil der Lactose mit der Molke entfernt und im Reifungsprozess weiter abgebaut, sodass der Lactoseanteil in Käse wesentlich geringer ausfällt (beispielsweise nur noch rund 0,1 % in lang gereiften Hartkäsesorten wie Parmesan).


Lactoseintoleranz

Der Abbau von Lactose im menschlichen Körper erfolgt im Dünndarm mithilfe des Enzyms β-Galactosidase (häufig vereinfacht Lactase genannt), wobei das Disaccharid in die Monosaccharide Galactose und Glucose gespalten wird. Im Alter von ungefähr vier Jahren kommt es infolge physiologischer Prozesse zu einer Reduktion bzw. kompletten Einstellung der Lactaseproduktion, wodurch Lactose nicht mehr verdaut werden kann. Diese sogenannte Lactoseintoleranz äußert sich nach der Aufnahme größerer Mengen Lactose hauptsächlich in gastrointestinalen Beschwerden (z. B. Völlegefühl, Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfälle), was auf Gärungsprozesse der Lactose und osmotische Prozesse im Dickdarm zurückzuführen ist. Regional gehäuft (v. a. in Regionen mit extensiver Milchwirtschaft, z. B. Europa) sorgt bei vielen Menschen eine genetische Mutation dafür, dass auch über das Kleinkindalter hinaus Lactase in ausreichender Menge produziert wird, so dass Milchzucker weiterhin verdaut werden kann (Lactasepersistenz). Dabei ist zu erwähnen, dass sich durch den Selektionsvorteil der evolutionsgeschichtlich neuere Phänotyp (Lactasepersistenz) durchgesetzt hat, während die Wildform (Lactoseintoleranz) in Österreich nur noch bei ca. 15–30 % der Bevölkerung anzutreffen ist. In anderen Teilen der Welt (z.B. Südostasien) stellen lactoseintolerante Personen nach wie vor die Mehrheit (siehe auch Abbildung 1) [1, 2]


Anteil der Bevölkerung mit Lactoseintoleranz in Abhängigkeit von der geographischen Herkunft


Abbildung 1: Anteil der Bevölkerung mit Lactoseintoleranz in Abhängigkeit von der geographischen Herkunft (schematisch) [2].


Prinzipiell stehen zwei Strategien zur „Behandlung“ einer Lactoseintoleranz zur Verfügung: Einerseits die Substitution des Enzyms Lactase und andererseits die Lactosekarenz, z. B. durch die Einschränkung des Verzehrs von Milchprodukten (bzw. gänzlicher Verzicht) oder die Verwendung von Milchprodukten, in denen die Lactose bereits aufgeschlossen ist (z.B. lactosefreie Milch, die nur noch rund 0,1 % Lactose enthält).


Lactose in Arzneimitteln

Einen Einsatz findet Lactose auch als pharmazeutischer Hilfsstoff, z. B. als Füllstoff für Tabletten oder Kapseln sowie als Grundlage für homöopathische Verreibungen [3]. Für viele Personen mit Lactoseintoleranz stellt sich daher die Frage, ob die in Arzneimitteln enthaltene Lactose die beschriebenen gastrointestinalen Auswirkungen ebenfalls auslösen kann.

Zur Beantwortung der Frage soll zunächst auf die Dosisabhängigkeit der Symptome und die „natürliche“ Toleranz hingewiesen werden. Die überwiegende Mehrheit der Lactoseintoleranten zeigt bei Lactosemengen bis 12 g (ungefähr die Menge, die in 250 ml regulärer Kuhmilch enthalten ist) keine Symptome, die sich signifikant von einer Placebogabe unterscheiden – wenngleich auf individueller Ebene sicherlich Personen existieren, die bereits auf geringere Lactosemengen reagieren [4]. In Arzneimitteln wird die Menge an enthaltener Lactose von 400 mg pro Dosierungseinheit praktisch nie überschritten, in der Regel ist noch deutlich weniger Lactose enthalten. Diese Mengen führen selbst bei Personen mit einer ausgeprägten Lactoseintoleranz nicht zu gastrointestinalen Symptomen oder einer nachweisbaren Wasserstoffentwicklung (die zur Feststellung einer Lactoseintoleranz herangezogen werden kann) [5].

400 mg entspricht ungefähr der Lactosemenge, die in einem großen Glas lactosefreier Milch (400 ml) enthalten ist. Als Faustregel kann daher gelten, dass lactoseintolerante Personen, die lactosefreie Milchprodukte vertragen, auch lactosehaltige Arzneimittel einnehmen können, ohne mit Symptomen rechnen zu müssen.


Fazit

  • Eine Lactoseintoleranz kommt in Österreich bei ca. 15–30 % der Bevölkerung vor.
  • Entgegen der häufigen Annahme, dass bereits kleinste Mengen an Lactose zu ausgeprägten Symptomen führen, kann die Mehrheit der Lactoseintoleranten Mengen bis zu 12 g Lactose ohne die Entwicklung der sonst typischen gastrointestinalen Symptome einnehmen.
  • Die üblicherweise in Arzneimitteln enthaltenen Mengen (meist deutlich unter 400 mg) werden in der Regel auch von Lactoseintoleranten problemlos vertragen und daher besteht keine Notwendigkeit, gezielt lactosefreie Alternativen zu suchen.
  • Als Argument gegen die Verordnung kostengünstiger Nachfolgepräparate kommt enthaltene Lactose in der Regel nicht in Frage. Lediglich in Einzelfällen, in denen die in Arzneimitteln enthaltenen Lactosemengen nachweislich zu typischen Symptomen führen, ist die ausschließliche Verordnung lactosefreier Arzneimittel notwendig. 

Literatur

Literatur

[1] Österreichische Gesellschaft für Ernährung. Lactoseintoleranz. Abrufbar unter: www.oege.at​/​ernaehrung-​von-​a-​z/​lactoseintoleranz/​.

[2] Zechmann-Khreis M. Laktoseintoleranz: weltweite Verbreitung. Abrufbar unter: www.nahrungsmittel-intoleranz.com​/​laktoseintoleranz-​weltweite-​verteilung/​.

[3] Bauer KH, Frömming K-H und Führer C. Lehrbuch der pharmazeutischen Technologie. 7., überarbeitet und erweiterte Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, 2002.

[4] Savaiano DA, Boushey CJ und McCabe GP. Lactose intolerance symptoms assessed by meta-analysis: a grain of truth that leads to exaggeration. J Nutr 2006;136:1107–13.

[5] Montalto M, Gallo A, Santoro L et al. Low-dose lactose in drugs neither increases breath hydrogen excretion nor causes gastrointestinal symptoms. Aliment Pharmacol Ther 2008;28:1003–12.