Inhibitoren der Cyclin-abhängigen Kinasen 4/6 (CDK4/6-Inhibitoren) haben die Behandlungsstrategien beim HR-positiven, HER2-negativen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom verändert. In den Zulassungsstudien zeigten die drei CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib (Ibrance®), Ribociclib (Kisqali®) und Abemaciclib (Verzenios®) eine klinisch relevante Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit. Mittlerweile wurde auch der positive Einfluss auf die Gesamtüberlebenszeit durch CDK4/6-Inhibitoren in mehreren Studien publiziert [1–4], sodass sie zur Standardtherapie in diesem Setting geworden sind. Außerdem hat Abemaciclib nach positiven Studienergebnissen [5] eine Zulassungserweiterung für den Einsatz beim HR-positiven, HER2-negativen, nodal-positiven Mammakarzinom im frühen Stadium mit einem hohen Rezidivrisiko erhalten. Auch für Ribociclib wurden Studien in diesem Setting durchgeführt, bis dato liegt nur eine FDA-Zulassung aber noch keine EMA-Zulassung vor.

Der eindrucksvolle therapeutische Nutzen für die Betroffenen wird in der Realversorgung allerdings nicht immer erreicht. In einer vielbeachteten Studie reduzierte die Ko-Medikation mit einem Protonenpumpenhemmer (PPI; Wirkstoffe: Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol, Rabeprazol und Esomeprazol) das unter Palbociclib erwartete progressionsfreie Überleben [7]. Daraufhin wurden weitere Studien, auch zu den anderen Wirkstoffen in dieser Wirkstoffklasse, auf den Weg gebracht. Die Ergebnisse dieser Studien, die hauptsächlich mit den Wirkstoffen Palbociclib und Ribociclib in verschiedenen Settings durchgeführt wurden, zeigten ein heterogenes Bild [8–16]. Zwei Metaanalysen [17, 18] kamen dann zu dem Schluss, dass es unter einer Ko-Medikation mit PPI zu einer signifikanten Verringerung des progressionsfreien Überlebens bei Palbociclib kommt, in einer Metaanalyse wurde das auch für das Gesamtüberleben gezeigt [17]. In einer der beiden Metaanalysen zu Ribociclib zeigte sich zwar eine statistische Signifikanz in der Verschlechterung des PFS [17], wohingegen diese in der zweiten Metaanalyse nicht nachgewiesen werden konnte.

Die klinische Relevanz ist aufgrund des sehr geringen Unterschieds in beiden Analysen fraglich. Für Aussagen zum Gesamtüberleben unter Ribociclib in Abhängigkeit von einer Ko-Medikation mit PPI ist die Datenlage unzureichend, gleiches gilt generell für den Wirkstoff Abemaciclib. Der Grund für die Wirkminderung von Palbociclib könnte in einer verringerten Löslichkeit des CDK4/6-Hemmers im Magen aufgrund der fehlenden Säureproduktion und einer dadurch resultierenden schlechteren Wirkstoffresorption liegen, die initial als nicht klinisch relevant eingeschätzt wurde [19]. Für Ribociclib wurden keine derartigen pH-Abhängigkeiten gesehen [20]. Es lässt sich also festhalten, dass nach derzeitiger Evidenzlage eine Wirkabschwächung durch eine PPI-Medikation nur für den Wirkstoff Palbociclib angenommen werden kann, Ribociclib und Abemaciclib sind davon nicht betroffen.

PPI – häufig unkritisch als Magenschutz bezeichnet – werden bei verschiedenen magensäureassoziierten Erkrankungen eingesetzt. Neben der Therapie und der Prophylaxe von peptischen Ulcera in Magen und Duodenum sowie der Helicobacter-pylori-Eradikation ist die gastro-ösophageale Refluxkrankheit (GERD) eine der häufigsten Anwendungen für PPI. Laut neuesten Leitlinien sollte die Therapie hier symptomorientiert geführt werden, d.h., in der Regel reicht eine Akut- und Bedarfstherapie mit PPI aus, eine Dauertherapie ist nur in schweren Fällen notwendig [21]. Es gilt generell, eine Überversorgung mit PPI zu vermeiden, auch vor dem Hintergrund eines immer ungünstiger erscheinenden Nebenwirkungsprofils dieser Stoffklasse: Beispielsweise wird die langfristige Einnahme von PPI mit Nährstoffdefiziten (z.B. Vitamin B12, Magnesium), erhöhtem Fraktur-Risiko, bakteriellen Infektionen des GI-Trakts (z.B. mit C. difficile) oder Nierenschäden assoziiert [22, 23].


Daten der Realversorgung der ÖGK 2023

Um das Ausmaß der gemeinsamen Verordnung von Palbociclib und PPI abschätzen zu können, wurde ausgewertet, wie oft Versicherte in Österreich mit einer Kombination aus CDK4/6-Inhibitoren und PPI therapiert wurden.

Insgesamt 2.545 Anspruchsberechtigte erhielten 2023 einen CDK4/6-Inhibitor – davon 1.084 Palbociclib, 679 Ribociclib und 909 Abemaciclib, bei insgesamt 131 Therapiewechseln innerhalb der Wirkstoffklasse. Mehr als jede fünfte Person hatte eine überlappende Therapie mit einem PPI (definiert als mindestens eine Rezepteinlösung von PPI und CDK4/6-Präparat im selben Kalendermonat, siehe Tabelle 1). Bei 894 Verordnungen eines CDK4/6-Inhibitors erfolgte die Rezepteinlösung eines PPI sogar am gleichen Tag: 449 bei Palbociclib, 183 bei Ribociclib und 262 bei Abemaciclib. 


Anzahl ÖGK-Anspruchsberechtigte mit Verordnungen von CDK4/6-Hemmern und Ko-Medikation mit PPI im Jahr 2023


Tabelle 1: Anzahl ÖGK-Anspruchsberechtigte mit Verordnungen von CDK4/6-Hemmern und Ko-Medikation mit PPI im Jahr 2023. Datenquelle: DWH-FOKO.


Da die Kassenpreise mehrerer PPI unter der Selbstbehaltsgrenze der Rezeptgebühr liegen, gelangen diese nur bei einer Rezeptgebührenbefreiung in die Abrechnung. Um die Aussagekraft zu erhöhen, wurde zusätzlich eine gleichartige Auswertung durchgeführt, die nur die Daten von Rezeptgebührenbefreiten enthält. In dieser Gruppe lag der Anteil an Betroffenen mit einer Ko-Medikation mit PPI sogar bei über 50% (siehe Tabelle 2). Bei 744 Verordnungen eines CDK4/6-Inhibitors erfolgte die Rezepteinlösung eines PPI am gleichen Tag: 362 bei Palbociclib, 151 bei Ribociclib und 231 bei Abemaciclib.


Anzahl rezeptgebührenbefreite ÖGK-Anspruchsberechtigte mit Verordnungen von CDK4/6-Hemmern und Ko-Medikation mit PPI im Jahr 2023.


Tabelle 2: Anzahl rezeptgebührenbefreite ÖGK-Anspruchsberechtigte mit Verordnungen von CDK4/6-Hemmern und Ko-Medikation mit PPI im Jahr 2023. Datenquelle: DWH-FOKO.


Die Auswertung der Daten zeigt, dass es zwischen den einzelnen Wirkstoffen innerhalb der Klasse der CDK4/6-Inhibitoren kaum Unterschiede bezüglich der Ko-Medikation mit PPI gibt, was den Schluss zulässt, dass dieser Aspekt bisher noch wenig Beachtung bei der Therapieauswahl findet. Ein Großteil der Personen, die in Österreich mit Palbociclib – dem am häufigsten verordneten CDK4/6-Inhibitor – behandelt wird, nimmt gleichzeitig einen PPI ein, wodurch es zu der beschriebenen Wirkabschwächung des Onkologikums kommen kann. Die Notwendigkeit einer PPI-Therapie sollte v.a. bei diesem Patientinnen- und Patientenkreis kritisch hinterfragt werden. Da PPI die Magensäureproduktion längerfristig hemmen, ist eine zeitversetzte Einnahme von Palbociclib und PPI keine zielführende Strategie zur Interaktionsvermeidung. Der Aspekt PPI-Medikation sollte auch bereits bei der initialen Therapieauswahl Berücksichtigung finden.

Literatur

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[22] Morris N und Nighot M. Understanding the health risks and emerging concerns associated with the use of long-term proton pump inhibitors. Bull Natl Res Cent 2023;47.

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