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ÖGK Gesund­heitsbarometer: Gendermedizin

Frauen: das stärkere Geschlecht


Der weibliche Körper wehrt sich besser gegen Viren und Bakterien. Aus medizinischer Sicht sind sie, ausgestattet mit 2 X-Chromosomen, das stärkere Geschlecht: Frauen. Diese starke Immunantwort hat jedoch auch eine Schattenseite. So erkranken Frauen vier Mal öfter an Autoimmunerkrankungen. Die Medizin und medikamentöse Behandlungen sind primär auf Männer zugeschnitten, doch Frauen werden anders krank und benötigen oft eine andere, angepasste Behandlung. Damit beschäftigt sich die Gendermedizin: sie rückt eine genderspezifische Betrachtungsweise bei der Prävention, der Diagnostik bis hin zur Betrachtung der Symptome und Therapie in den Mittelpunkt.

Lebenserwartung: Frauen werden älter aber nicht gesünder

Insgesamt liegt die Lebenserwartung von Frauen in Österreich knapp fünf Jahre über der von Männern (83,8 vs. 79 Jahre), doch beide Geschlechter werden etwa zum gleichen Zeitpunkt chronisch krank und verbringen mehr als ein Viertel des Lebens mit chronischen Erkrankungen. Damit liegt Österreich unter dem EU-Durchschnitt.

„Für die ÖGK steht die bestmögliche Versorgung aller Versicherten – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Wohnort – im Vordergrund. Um den eigenen Gesundheitszustand gut im Blick zu haben, lohnt sich die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung. Zudem gibt es spezielle Untersuchungen für Frauen, wie den PAP-Abstrich und die Mammografie ab 45, und für Männer das Prostata-CT ab 50 als wichtige Früherkennungs-Initiativen“, betont Bernhard Wurzer, Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK).

Genetik: Frauen haben bessere Immunabwehr aber mehr Autoimmunerkrankungen

Frauen haben 2 X-Chromosomen, Männer haben nur ein X- und dafür noch ein Y-Chromosom. Auf dem X-Chromosom liegen um die 2.000 Gene, die das Immunsystem und die Gehirnentwicklung beeinflussen. Deshalb kann sich der männliche Körper weniger gut gegen Viren, Bakterien oder Parasiten wehren. Frauen haben hingegen eine bessere Immunabwehr.

Diese genetische Überlegenheit hat jedoch einen hohen Preis: So treten Autoimmunkrankheiten bei Frauen weitaus häufiger auf – rund 80 Prozent der erkrankten Menschen sind weiblich. Dabei richtet sich das eigene Immunsystem irrtümlicherweise gegen den eigenen Körper und greift ihn an.

Da sich der weibliche Körper besser gegen Viren wehren kann, fällt auch die Reaktion der Frauen auf Schutzimpfungen anders aus. Die Antikörperantwort ist bei Frauen meist wesentlich höher als bei Männern.  

Herzinfarkt: Frauen erkranken anders

Ein Blick in die kardiologische Abteilung im Hanusch-Krankenhaus der ÖGK verrät eines: Es gibt signifikant mehr männliche Patienten. Männer werden mehr als doppelt so oft mit koronaren Herzkrankheiten oder einem akuten Herzinfarkt behandelt.

Warum, erklärt Dr.in Evelyn Kunschitz, Oberärztin für Innere Medizin / Kardiologie und Leiterin des Schwerpunktes Psychokardiologie im Hanusch-Krankenhaus: „Die Symptome bei einem Herzinfarkt sind bei Männern und Frauen sehr unterschiedlich. Während Männer typischerweise Schmerzen in der linken Körperhälfte verspüren – das kann ein Ziehen im linken Arm, ein brennender oder drückender Schmerz hinter dem Brustbein sein – verspüren Frauen oft auch andere, diffusere Symptome. Darunter fallen beispielsweise auch Übelkeit, Schmerzen im Bauch oder Rücken, Erbrechen, Kurzatmigkeit, unerklärliche Müdigkeit oder Schweißausbrüche. Daher kommt es auch häufiger zu Fehlinterpretationen bezüglich akuter Herzinfarkte Zudem ist die Sterblichkeitsrate bei Frauen mit Herzinfarkt höher als bei Männern (35,7% vs. 32,9%). Außerdem sind Frauen in den großen Herzstudien unterrepräsentiert (ca. ein Drittel Frauenanteil) und werden auch weniger leitliniengerecht behandelt.

Kunschitz verweist in diesem Zusammenhang auf das Yentl-Syndrom – ein bereits in den 1990er Jahren von einer US-amerikanischen Kardiologin geprägter Begriff, der darauf aufmerksam macht, dass Herzinfarkte bei Männern und Frauen unterschiedlich. Aufgrund der weniger eindeutigen und vielzähligen Symptome wird der weibliche Herzinfarkt oft spät oder gar nicht erkannt und Frauen erhalten dadurch erst später Hilfe. Doch bei einem Herzinfarkt ist jede Minute entscheidend. „Deshalb lieber einmal zu viel die Rettung rufen, als einen Herzinfarkt zu spät zu erkennen“, rät Frau Dr.in Evelyn Kunschitz.

Die Österreichische Gesundheitskasse bietet auch Kurse speziell für Frauen an: www.gesundheitskasse.at/frauenpower


ÖGK Gesundheitsbarometer zum Thema Gendermedizin (Anklicken für vergrößerte Ansicht)













Zuletzt aktualisiert am 04. April 2024