Der Familienalltag von Eltern und Teenagern kann ganz schön herausfordernd sein. Die Prioritäten ändern sich und auch im Umgang miteinander zeigt sich die Entwicklung vom Kind hin zum jungen Erwachsenen.
Die Pubertät – eine herausfordernde Zeit, auch für Eltern
Die Phase der Pubertät ist im Alltag meist gekennzeichnet von dem Wunsch, mit Freundinnen und Freunden Zeit zu verbringen – der intensive Kontakt mit den Eltern steht dagegen nicht unbedingt ganz oben auf der Prioritätenliste.
Was könnte hilfreich sein im Zusammenleben?
Bedürfnisse kennen und respektieren
Je nach Alter und individueller Situation hat jedes einzelne Familienmitglied unterschiedliche Bedürfnisse. Teenager in der Pubertät haben meist das Bedürfnis nach Abgrenzung, eigenen Sozialkontakten und Selbstbestimmung.
Hilfreich kann es sein, die verschiedenen Bedürfnisse der Kinder und der Eltern klar auszusprechen. Eigene Bedürfnisse und nötige Rahmenbedingungen zu klären und dafür zu sorgen, dass sie erfüllt werden, schafft Klarheit und Erleichterung – zum Beispiel:
- Mutter will laufen gehen – in dieser Zeit schaut die Tochter auf die kleinen Geschwister.
- Tochter braucht Ruhe – in dieser Zeit hängt das Türschild „Nicht stören“ an der Zimmertür und niemand klopft an.
- Sohn braucht Abwechslung – gemeinsam überlegt man, welche Aktivitäten als Familie oder alleine möglich sind.
- Vater will sich per Video-Konferenz mit Freunden unterhalten – in dieser Zeit nutzen die anderen das WLAN nicht, damit die Verbindung hält
Ein klarer Tages- und Wochenplan, auf dem auch Zeiten und Räume eingetragen sind, hilft dabei! Ein Tagesplan mit Kategorien für jede Person (Schule, Arbeit, Fitness, Haushalt, Helfen, Alleinzeit, Sonstiges) hat sich bei so mancher Familie bereits bewährt.
Familienmahlzeiten
Das gemeinsame Essen ist für viele Familien ein fixes Ritual, bei dem geplaudert, informiert, gescherzt und gestritten wird. Findet das Essen teils sogar öfters pro Tag gemeinsam statt und alle Familienmitglieder sind dabei, kann das durchaus eine Stressquelle sein, vor allem für Teenies.
Eine Lösung zur Entspannung der Lage könnte sein, dem Teenager immer wieder eine Mahlzeit allein im Zimmer zu ermöglichen. Dafür kann man bei anderen Gelegenheiten planen, die Mahlzeit gemeinsam zuzubereiten und auf Lieblingsspeisen einzugehen.
Alleinzeiten für alle
Nicht nur Erwachsene, gerade auch Teenies brauchen Zeit für sich. Gibt es ein eigenes Zimmer, ist das ein guter Rückzugsort. Ist es räumlich nicht so einfach, können Kopfhörer ein klares Signal sein: Sprich mich nicht an, solange ich etwas anhöre; eine Zeit, die als „Alleinzeit“ definiert ist und in der niemand „etwas von einem wollen“ darf. Das kann ein Spaziergang alleine sein, eine längere Badezimmer-Nutzung, der Einkauf mit anschließendem Plaudern mit den Nachbarn, eine Ruhephase in der Früh, wenn die anderen noch schlafen, oder abends, wenn die anderen wieder schlafen.
Medienkonsum
Finden und definieren Sie gemeinsam klare Pausen, in denen das Smartphone nicht genutzt wird. Erklären Sie, warum Sie das als Eltern wichtig finden, etwa um auch Bewegung zu machen, Frischluft zu schnappen und anderen Beschäftigungen nachgehen zu können.
Finden Sie gemeinsam Alternativen zur Handynutzung: Sudokus auf Papier lösen, zeichnen und malen, Upcycling von altem Gewand, schnitzen, kochen, Zimmer umgestalten, lesen, Tagebuch schreiben, Federball spielen – vielleicht tun sich neue Offline-Tätigkeiten auf, an die Sie vorher gar nicht gedacht haben.
Gemeinsamkeiten pflegen
Was ist das Besondere an Ihrer Beziehung mit Ihrem Kind? Gibt es etwas, das Sie und Ihr Kind verbindet, etwas, das beiden Spaß macht? Haben Sie eine Lieblingsserie, die Sie zu zweit anschauen, ein Spiel, das Sie beide lustig finden, einen Sport, den Sie beide mögen? Vielleicht ist es auch schon länger her – als die Pubertät noch weit entfernt schien – dass Sie das gemeinsam gemacht haben. Vielleicht ist aber genau jetzt die Möglichkeit, sich wieder daran zu erinnern und das angestaubte Monopoly aus dem Kasten zu holen oder den Tischtennistisch aufzuklappen.
Lebenserfahrung
Auch wenn Ihr Kind Ihnen im Zweistundentakt vermittelt, dass Sie keine Ahnung haben und/oder hinter dem Mond leben – vertrauen Sie auf sich selbst: Sie können auf eine Menge Lebenserfahrung zurückgreifen und haben die Pubertät schon einmal überlebt. Vertrauen Sie Ihrem Kind und sich, Sie werden diese Phase beide gut überstehen. Seien Sie großzügig mit Geduld, Vertrauen und Liebe. Auch wenn es oft leichter gesagt als getan ist: Es hilft und wirkt.
Notbremse ziehen
Sie würden wahrscheinlich hin und wieder gerne einfach mal losbrüllen, die Türe zuknallen oder auf andere Art ausrasten, wenn Ihr Teenie Ihre Nerven auf die Probe stellt. Legen Sie sich eine Notbremse zurecht. Notbremsen können sein, sich kurz und klar in ein Zimmer zurückzuziehen um sich zu beruhigen, kurz vor die Tür zu gehen und Frischluft zu atmen oder ein zurechtgelegter Satz wie „Reden wir später darüber, wenn wir beide wieder freundlich gestimmt sind“. Auch ein Rückzug ins Badezimmer kann helfen, um sich kaltes Wasser über die Handrücken laufen zu lassen.
Wut oder Ärger bauen sich meist langsam auf und schließlich reicht ein kleiner Auslöser für die Explosion. Versuchen Sie zu bemerken, wann der Ärger überhandnimmt, und halten Sie Ihre persönliche Notbremse bereit.
Liebesoffensive
Unerwartete Liebesbeweise wirken! Eine Tasse Lieblingstee mit Keksen ins Zimmer stellen, eine Teenie-Zeitschrift vom Einkauf mitbringen, das Lieblingsessen kochen, eine Umarmung zwischendurch, eine Online-Bestellung für den Hobbybedarf: Zeigen Sie Ihrem Kind Ihre Zuneigung in Kleinigkeiten, auch wenn es sich zurückzieht und Ruhe will. Hinter der Pubertätsfassade steckt Ihr Kind, das Sie lieben und das Sie zurückliebt, auch wenn es das im Moment nie zugeben würde.
Achten Sie auf Ihre Grenzen
Das Gute (be)merken
Die schlechte Stimmung, das Streiten und das Türenknallen sind meist deutlicher und bleiben länger im Gedächtnis als die guten Dinge des Tages. Eine bewährte Methode ist es, sich täglich abends an die schönen Momente des Tages zu erinnern. Was war gut an dem Tag, was waren die schönen Momente (mit Ihrem Kind), was hat Sie gefreut? Führen Sie ein Tagebuch der guten Dinge, in dem Sie täglich abends drei Momente, Erlebnisse, Eindrücke oder Situationen notieren, die gut waren. Sie werden erstaunt sein, an was Sie sich dabei auf einmal erinnern oder was Ihnen einfällt, an das Sie sonst wohl nicht mehr gedacht hätten.
Dankbarkeit
Dankbarkeit ist die einfachste Strategie, um mit vielen Herausforderungen fertig zu werden. Überlegen Sie bewusst, wofür Sie ganz allgemein und Ihrem Kind im Besonderen dankbar sind.
(Aber erwarten Sie in der Pubertät keine Dankbarkeit! Nie ;-)!)
Noch ein Buchtipp für Teenager-Eltern: „I love Teens – Wie es Spaß macht, unsere Kinder durch die Pubertät zu begleiten“ von Maja Overbeck. Sie beschreibt die Anforderungen wie auch die schönen Seiten des Zusammenlebens mit Teens in liebevoller und praktischer Art.
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