Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer erhalten für bestimmte Arbeiten bzw. Arbeiten, die unter besonderen Bedingungen geleistet werden, neben dem Grundgehalt bzw. -lohn noch Zulagen. Zu jenen, die abgabenrechtlich als Sonderfälle gelten, sind die Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (SEG-Zulagen) zu zählen.
Arbeitsrecht
Der arbeitsrechtliche Anspruch auf derartige Zulagen ist in lohngestaltenden Vorschriften, wie zum Beispiel im Gesetz, im Kollektivvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Dienstvertrag, geregelt. Hat eine Dienstnehmerin bzw. ein Dienstnehmer Anspruch darauf, so sind die Zulagen unter bestimmten Voraussetzungen in das regelmäßige Entgelt einzubeziehen (beispielsweise Kranken-, Urlaubs- und Feiertagsentgelt).
Sozialversicherung
Schmutzzulagen sind beitragsfrei, soweit sie nach § 68 Abs. 1, 5 und 7 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) nicht der Einkommensteuer (Lohnsteuerpflicht) unterliegen. Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind hingegen beitragspflichtig.
Lohnnebenkosten
Der Dienstgeberbeitrag, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie die Kommunalsteuer sind ungeachtet dessen für derartige Zulagen, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bzw. § 5 Kommunalsteuergesetz 1993, zu entrichten.
Hinweis: Die Befreiungsbestimmungen bei den Lohnnebenkosten für begünstigt behinderte Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer und Lehrlinge sowie Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sind zu beachten.
Lohnsteuer
Das Gesetz sieht unter anderem für SEG-Zulagen einen Steuerfreibetrag bis zu einer Höhe von 400,00 Euro monatlich vor (§ 68 Abs. 1 EStG 1988). Für Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, deren Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend in der Zeit von 19.00 Uhr bis 07.00 Uhr liegt, erhöht sich dieser Betrag um 50 Prozent auf 600,00 Euro pro Monat (§ 68 Abs. 6 EStG 1988).
Damit die Zulagen steuerlich begünstigt behandelt werden können, müssen nach herrschender Lehre und Rechtsprechung im Wesentlichen drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein. Liegt nur eine der nachstehend genannten Voraussetzungen nicht vor, kommt die begünstigte Besteuerung nicht in Betracht.
Formelle Voraussetzung
Die SEG-Zulagen sind nur steuerlich begünstigt, soweit sie
- auf Grund gesetzlicher Vorschriften,
- auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,
- auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
- auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
- auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
- auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 Arbeitsverfassungsgesetz) auf der Dienstgeberseite zwischen einer einzelnen Dienstgeberin bzw. einem einzelnen Dienstgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Dienstnehmerseite abgeschlossen wurden, oder
- innerbetrieblich für alle Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer oder bestimmte Gruppen
gewährt werden.
Hinweis: Werden derartige Zulagen freiwillig gewährt, so unterliegen diese nicht den Bestimmungen des § 68 EStG 1988 und sind daher steuerpflichtig.
Funktionelle Voraussetzung
Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn die SEG-Zulagen neben dem Grundgehalt bzw. -lohn gewährt werden. Das heißt, sie sind ein zusätzlicher Gehalts- bzw. Lohnbestandteil und dürfen nicht auf Kosten einer arbeitsrechtlich unzulässigen Kürzung des Grundgehaltes bzw. -lohnes ausbezahlt werden. Zudem dürfen die Zulagen nicht aus dem Grundgehalt bzw. -lohn herausgeschält werden.
In diesem Zusammenhang kommt es weiters darauf an, dass das Ausmaß der Zulage angemessen ist. Informationen zu den Regelungen der Angemessenheitsprüfung finden Sie in den Lohnsteuerrichtlinien Randzahl 1129.
Materielle Voraussetzung
Für die Steuerfreiheit von SEG-Zulagen ist es außerdem erforderlich, dass die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer auch tatsächlich Tätigkeiten verrichtet, die nach ihrer Art und ihrem Ausmaß die gewährten Zulagen dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen. Die entsprechenden Merkmale dieser Zulagen werden im § 68 Abs. 5 EStG 1988 definiert:
Schmutzzulagen werden dafür gewährt, dass die Arbeit in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung (Verunreinigung) der Dienstnehmerin bzw. des Dienstnehmers und seiner Kleidung bewirkt (zum Beispiel Arbeiten mit Teer, Arbeiten im Zusammenhang mit Tierkörperbeseitigung, Kesselreinigung, Verstaubung, Verschlammung, Arbeiten am Schlachthof). Darunter sind nach der Verkehrsauffassung nur solche Umstände zu verstehen, die von außen einwirken.
Erschwerniszulagen werden wiederum für Leistungen bezahlt, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen innerhalb einer Branche eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Bildschirmzulagen stellen auf Grund des heutigen Standes der Bürotechnik daher keine Erschwerniszulagen dar. Das gleiche gilt bei Schreibarbeiten, bei bloßer Rufbereitschaft, bei der Tätigkeit als Hausarbeiterin bzw. Hausarbeiter oder Portierin bzw. Portier oder bei der Tätigkeit im telefonischen Auskunftsdienst.
Der Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen muss sohin innerhalb der jeweiligen Berufssparte gezogen werden. Ein Vergleich mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen schlechthin ist nicht möglich, weil es an allgemein vergleichbaren Arbeitsbedingungen fehlt. Der Vergleichsrahmen muss somit Gruppen mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen umfassen und darf dabei nicht zu eng gezogen werden.
Beispiel Vergleichsgruppe Autobuslenkerinnen und Autobuslenker: Aus der Lenkung und Betreuung überlanger Fahrzeuge (mehr als 10,90 Meter) ergibt sich eine außerordentliche Erschwernis im Vergleich zur Tätigkeit von Autobuslenkerinnen bzw. Autobuslenkern im Allgemeinen.
Gefahrenzulagen sollen typische Berufsgefahren abgelten, die infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit der Dienstnehmerin bzw. des Dienstnehmers mit sich bringen.
Beispiele:
- Die Erteilung von Fahrunterricht auf Solomotorrädern kann - im Unterschied zur Erteilung eines Fahrschulunterrichtes - für die Fahrlehrerin bzw. den Fahrlehrer mit einer erhöhten Sturzgefahr verbunden sein.
- Bei Angestellten in medizinischen (ärztlichen) Ordinationen, die im Strahlenbereich arbeiten und hierfür eine nach lohngestaltenden Vorschriften abgesicherte Strahlenzulage erhalten, wird eine Berufsgefahr gegeben sein.
- Gesundheitsgefährdungen, die der Betrieb von Kraftfahrzeugen, die Teilnahme am Straßenverkehr oder die Witterungsverhältnisse mit sich bringen (beispielsweise mögliche Bandscheibenschäden, Abgasschädigungen oder Rheuma), sind mit der Teilnahme am Straßenverkehr bzw. mit Arbeiten im Freien (Angehörige von Wachkörpern, Landwirtinnen und Landwirte etc.) ganz allgemein verbunden und stellen daher keine typische Berufsgefahr dar.
- Zulagen, die Bankangestellten im Hinblick auf die durch mögliche Banküberfälle drohende Gefahr für Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit gezahlt werden, stellen keine Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 dar, weil diese Gefahr nicht eine mit dem Beruf eines Bankangestellten zwangsläufig verbundene, typische Berufsgefahr ist. In diesem Fall handelt es sich nur um eine Allgemeingefahr.
Darüber hinaus ist - bezogen auf die gesamten von der Dienstnehmerin bzw. vom Dienstnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb des Zeitraumes, für den die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer eine Zulage zu erhalten hat - zu prüfen, ob diese Arbeiten überwiegend eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken. Das geforderte Überwiegen liegt dann vor, wenn für mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird, diese besonderen Arbeitsbedingungen zutreffen. Wird die jeweilige Zulage nur stundenweise gewährt, ist für das zeitliche Überwiegen auf die einzelne Stunde (mehr als die Hälfte der stündlichen Arbeitszeit) abzustellen.
Aufzeichnungspflicht des Dienstgebers
Im Zuge der Gemeinsamen Prüfung Lohnabgaben und Beiträge (GPLB) wird das Zutreffen der drei vorstehend genannten Bedingungen eingehend geprüft. Eine etwaige steuerliche Begünstigung für die Zulagen erfordert zusätzlich, dass die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer die in Rede stehenden Arbeiten tatsächlich verrichtet hat. Dazu muss mittels Lohnkonto und zugehörigen Grundaufzeichnungen nachgewiesen werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann diese geleistet wurden. Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber hat daher laufend genaue Aufzeichnungen zu führen. Zeugenaussagen, nachträglich beigebrachte eidesstattliche Erklärungen der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer und dergleichen reichen als Nachweis nicht aus.
Pauschalierte SEG-Zulagen können ebenfalls begünstigt besteuert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und die darauf entfallenden Zulagen über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet werden. Daraus muss auch ersichtlich sein, dass die Arbeit überwiegend unter zuschlagswürdigen Umständen erfolgt. Für daran anschließende Lohnzahlungszeiträume muss nur mehr nachgewiesen werden, dass sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitraum, für den die Einzelaufzeichnungen geführt wurden, nicht geändert haben. Eine Aufzeichnungspflicht kann dann unterbleiben, wenn das Überwiegen schon im Hinblick auf die Art der Tätigkeit evident ist.
Fortgezahlte Zulagen
Beitrags- und steuerfreie Schmutzzulagen, die im Krankheitsfall an die Dienstnehmerin bzw. den Dienstnehmer als Teil des Krankenentgeltes weitergezahlt werden, bleiben auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in § 68 Abs. 7 EStG 1988 bzw. § 49 Abs. 3 Z 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz abgabenfrei.
Während des Urlaubes mit dem laufenden Urlaubsentgelt ausbezahlte SEG-Zulagen sind beitrags- und steuerpflichtig, weil während dieser Zeit keine Arbeitsleistungen unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen erbracht werden.
Auch während eines Feiertages sind derartige Zulagen beitragspflichtig und mit dem Lohnsteuertarif zu versteuern.