Überstunden/Überstundenarbeit
Nach den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes liegt Überstundenarbeit vor, wenn entweder die Grenzen der zulässigen wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden oder die tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden überschritten wird.
In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass die Normalarbeitszeit von 40 bzw. acht Stunden im Rahmen der gesetzlichen Regelungen anders verteilt oder verlängert werden kann. Dadurch entstehen erst bei Überschreiten der nach den verschiedenen Flexibilisierungsmodellen zulässigen wöchentlichen/täglichen Arbeitszeit Überstunden.
Überstundenpflicht
Überstunden sind nur in beschränktem Ausmaß zulässig. Die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer ist nur dann zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn dies im Gesetz, Kollektivvertrag oder in einer Betriebs- bzw. Einzelvereinbarung vorgesehen ist. Besteht keine derartige Verpflichtung, kann die Erbringung von Überstunden seitens der Dienstnehmerin bzw. des Dienstnehmers generell verweigert werden.
Ist die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer (beispielsweise auf Grund einer einzelvertraglichen Regelung) grundsätzlich zur Überstundenarbeit verpflichtet, ist eine Verweigerung des Arbeitseinsatzes im Einzelfall auch dann möglich, wenn berücksichtigungswürdige Interessen der Dienstnehmerin bzw. des Dienstnehmers vorliegen. Es sind auch allgemeine Überstundenverbote einzuhalten, wie zum Beispiel für werdende und stillende Mütter.
Werden die Überstunden von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber schlüssig angeordnet, geduldet bzw. entgegen genommen, sind sie zu entlohnen. Wie der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits in mehreren Entscheidungen (etwa OGH 22.02.2011, 8 ObA 29/10p) bestätigt hat, ist beispielsweise von einer schlüssigen Überstundenanordnung auch dann auszugehen, wenn die von der Dienstnehmerin bzw. vom Dienstnehmer geforderte Leistung auch bei richtiger Einteilung der Arbeit nicht innerhalb der Normalarbeitszeit erbracht werden kann und deshalb Überstunden angefallen sind. Eine Kollektivvertragsbestimmung, wonach nur "ausdrücklich" angeordnete Arbeitsstunden als Überstunden zu entlohnen sind, wäre demnach sittenwidrig.
Abgeltung von Überstunden
Für Überstunden gebührt (zusätzlich zum Stundenlohn)
- ein Zuschlag von 50 Prozent oder
- eine Abgeltung durch Zeitausgleich.
Der Überstundenzuschlag ist bei der Bemessung des Zeitausgleiches zu berücksichtigen. Er kann auch gesondert ausgezahlt werden. Dies bedeutet, dass Überstunden, für die ein 50-prozentiger Zuschlag zu leisten ist, im Verhältnis 1:1,5 und Überstunden mit einem Zuschlag von 100 Prozent im Verhältnis 1:2 abzugelten sind. Die meisten Kollektivverträge sehen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsüberstunden höhere Zuschläge vor. Der Berechnung der Überstundenzuschläge ist der auf die einzelne Arbeitsstunde entfallende Normallohn zugrunde zu legen. Sämtliche Zulagen (zum Beispiel Erschwernis- bzw. Gefahrenzulagen, Zuschläge und Prämien) gelten als Normallohn und sind demzufolge zu berücksichtigen. Bei Akkord-, Stück- oder Gedingelöhnen ist der Durchschnitt der letzten 13 Wochen zu bilden. Der Kollektivvertrag kann auch eine andere Berechnungsart festlegen.
Ob geleistete Überstunden als Zeitausgleich oder in Geld abgegolten werden, ist zu vereinbaren. Wird keine Vereinbarung getroffen und enthält der Kollektivvertrag oder eine Betriebsvereinbarung keine dahingehende Regelung, sind Überstunden immer auszubezahlen.
Überstundenpauschale
Eine Pauschalentlohnung von Überstunden ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH grundsätzlich zulässig. Das Pauschale darf aber im Durchschnitt eines längeren Zeitraumes nicht geringer sein als die zwingend zustehende Überstundenvergütung (vgl. OGH 22.02.2011, 8 ObA 29/10p).
Bei einer Überstundenpauschalierung ist daher eine sogenannte "Deckungsprüfung" vorzunehmen, ob die Pauschalierung zumindest von der Einzelverrechnung von Überstunden gedeckt ist. Überschreitet die von der Dienstnehmerin bzw. vom Dienstnehmer geleistete Überstundenarbeit tatsächlich das vereinbarte Überstundenpauschale, kann sie bzw. er die über das Pauschale hinausgehenden, nicht gedeckten Ansprüche geltend machen. Als Beobachtungszeitraum für diese Deckungsprüfung ist üblicherweise das Kalenderjahr anzusehen. Davon kann jedoch durch Vereinbarung im Einzelfall abgewichen werden.
Bei einer festgelegten Pauschalentlohnung der Überstunden ohne der Möglichkeit eines Widerrufes ist das vereinbarte Pauschale von der Dienstgeberin bzw. vom Dienstgeber auch dann weiter zu zahlen, wenn von der Dienstnehmerin bzw. vom Dienstnehmer tatsächlich weniger oder gar keine Überstunden geleistet werden.
Abgeltung von Zeitguthaben
Besteht im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses ein Guthaben der Dienstnehmerin oder des Dienstnehmers an Normalarbeitszeit oder an Überstunden, für die Zeitausgleich vereinbart wurde, ist das Guthaben abzugelten. Ausnahme: Der Kollektivvertrag sieht die Verlängerung der Kündigungsfrist im Ausmaß dieses Zeitguthabens vor und der Zeitausgleich wird in diesem Zeitraum verbraucht.
Kommt es beim Beschäftigungsende zu einer Abgeltung des Zeitguthabens, ist nach Ansicht des OGH (29.06.2011, 8 ObA 4/11p) der im Beendigungszeitpunkt gebührende Entgeltsatz für Normalstunden und nicht nur der im Zeitpunkt der Leistung der Überstunden gebührende Lohn heranzuziehen.
Für Guthaben an Normalarbeitszeit gebührt ein Zuschlag von 50 Prozent, sofern die Dienstnehmerin bzw. der Dienstnehmer nicht ohne wichtigen Grund vorzeitig ausgetreten ist. Im Rahmen eines Kollektivvertrages kann Abweichendes festgelegt werden (zum Beispiel höherer Zuschlag, kein Zuschlag bei gerechtfertigter Entlassung oder Selbstkündigung). Die gesetzliche Abgeltungsregelung bei Beendigung des Dienstverhältnisses gilt für alle Formen flexibler Arbeitszeiteinteilung.