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Vertreterinnen und Vertreter – sozialversicherungsrechtliche Beurteilung

Stand: 01.01.2024


Die Bedingungen und Umstände, unter denen Vertreterinnen und Vertreter tätig werden, können sehr unterschiedlich sein. Besonderes Augenmerk ist daher neben der Vertragsgestaltung auf die tatsächlichen Verhältnisse zu legen, die dem Beschäftigungsverhältnis dieser Personen zu Grunde liegen. Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist es notwendig, sich die Tätigkeit in der Praxis anzusehen.

"Echtes" Dienstverhältnis

Laut Judikatur ist für die Wertung der Tätigkeit einer Vertreterin bzw. eines Vertreters als unselbständige Beschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG zu beachten, dass hier die ansonsten für die abhängigen Arbeitsverhältnisse typische Unterordnung nicht so auffällig zutage tritt. 

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorliegt, ist daher anderen Merkmalen eine ganz besondere Bedeutung zugemessen. Für die Beurteilung der Pflichtversicherung sind vor allem folgende Kriterien maßgeblich:

  • Weisungsgebundenheit in einer bestimmten Art,
  • das Konkurrenzverbot,
  • der Bezug eines Fixums oder einer Spesenvergütung,
  • die Berichterstattungspflicht sowie
  • die mangelnde Verfügung über eine eigene Betriebsstätte und das Fehlen eigener Betriebsmittel (etwa Dienstwagen, Diensthandy).


Wichtig ist festzustellen, ob unter Berücksichtigung aller im Einzelfall gegebenen Umstände die Bestimmungsfreiheit der Vertreterin bzw. des Vertreters durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet ist oder nicht. Überwiegen jene Merkmale, die auf eine Abhängigkeit hinweisen, ist von einem Dienstverhältnis auszugehen (vgl. VwGH vom 03.04.2001, 96/08/0053; 29.06.2005, 2001/08/0053 bzw. 02.04.2008, 2005/08/0197).

Der Besitz eines Gewerbescheines für die jeweilige Vermittlungstätigkeit oder eine ausschließlich erfolgsabhängige Entlohnung schließen für sich allein genommen die Eigenschaft als Dienstnehmerin bzw. Dienstnehmer noch nicht aus.

Freies Dienstverhältnis

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, kann eine Tätigkeit als Vertreter bzw. Vertreterin auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses (§ 4 Abs. 4 ASVG) erfolgen. Dazu müssen grundsätzlich folgende Tatbestände erfüllt sein: Verpflichtung zur Dienstleistung, im Wesentlichen persönliche Leistungserbringung, Dauerschuldverhältnis, keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel (vgl. VwGH vom 16.03.2011, 2007/08/0153).

Selbständigkeit

Eine sozialversicherungsrechtlich selbständige Tätigkeit im Sinne des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) liegt nur dann vor, wenn keinerlei persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Vertreterin bzw. des Vertreters von den jeweiligen Auftraggeberinnen und Auftraggebern besteht. Der Besitz eines Gewerbescheines allein reicht ebenso wenig für die sozialversicherungsrechtliche Selbständigkeit aus, wie zum Beispiel die Entlohnung auf reiner Provisionsbasis oder eine weitgehende Weisungsfreiheit. Ebenso weist das Tätigwerden für nur eine einzige Auftraggeberin bzw. einen einzigen Auftraggeber oder das Bestehen einer Konkurrenzklausel auf eine unselbständige Tätigkeit hin. Auch mehrere Auftraggeberinnen und Auftraggeber führen noch nicht zur Selbständigkeit, falls die Vertreterin bzw. der Vertreter von diesen wirtschaftlich und persönlich abhängig ist. 

Das Nebeneinanderbestehen eines Dienstverhältnisses und einer selbständigen Tätigkeit als Vertreterin bzw. Vertreter ist grundsätzlich möglich. Allerdings darf es weder eine inhaltliche noch eine organisatorische Verknüpfung geben. Es muss sich um unterschiedliche, eindeutig voneinander trennbare Beschäftigungen handeln. 

Beschäftigungsort

Wo liegt eigentlich der Beschäftigungsort einer Vertreterin bzw. eines Vertreters?
Das ASVG regelt dazu Folgendes: Beschäftigungsort ist der Ort, an dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Wird eine Beschäftigung abwechselnd an verschiedenen Orten ausgeübt, aber von einer festen Arbeitsstätte aus, so gilt diese als Beschäftigungsort. Wird eine Beschäftigung ohne feste Arbeitsstätte ausgeübt, so gilt der Wohnsitz der versicherten Person als Beschäftigungsort.