Die zytoreduktive Chirurgie in Kombination mit der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC) hat sich in den vergangenen Dekaden als weltweit wichtiger Bestandteil der multimodalen Therapie der primären und sekundären peritonealen Neoplasmen etabliert.
Nach einem historischen Treffen 1992 bei Shigeru Fujimoto in Japan begannen Paul Sugarbaker (USA), Francois Gilly (Frankreich) und Friedrich Kober (Österreich) diese Therapieform in ihrem Umfeld zu etablieren.
Die Druck-Aerosolchemotherapie (Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy, PIPAC) ist eine innovative Methode der Behandlung von Bauchfellkrebs, dessen Grundprinzip 2000 erstmals publiziert wurde und deren erste Anwendung am Menschen 2011 am Evangelischen Krankenhaus Bielefeld durch Prof. Dr. Reymond erfolgte. Die erste PIPAC im Hanusch Krankenhaus erfolgte im August 2019.
Unter peritonealen Neoplasien versteht man primäre oder sekundäre (Carcinosis peritonei) Tumore des Peritonealraumes. Diese lokoregionäre Erkrankung, welche nicht zwingend mit einer systemischen Metastasierung einhergehen muss, wird durch folgende Tumorentitäten verursacht:
- Ovarialkarzinom oder seröses Adenokarzinom des Bauchraumes:
- (rezidivierendes) kapselrupturiertes FIGO IIIb - IVa seröses Adenokarzinom des Ovars/der Tube („Ovarialkarzinom“) und das damit assoziierte primäre seröse Adenokarzinom des Peritoneums bei Frauen
- Muzinöse Neoplasmen des Peritoneums / Pseudomyxoma peritonei:
- meist bedingt durch die lokoregionäre Aussaat von einer muzinösen epithelialen Neoplasie der Appendix (LAMN/HAMN/„Mukozele“, Appendixkarzinom), einem seltenen muzinösen Karzinom des Dickdarmes oder des Magens sowie den seltenen muzinösen Tumoren der Eierstöcke
- Mesotheliom:
- malignes peritoneales Mesotheliom
- Magenkarzinom:
- besonders im Stadium T3 - T4 Magenkarzinom
- Kolorektalkarzinom
- besonders im Stadium T3 N+ - T4 Kolorektalkarzinom
- Dünndarmkarzinom
- primäres Peritonealkarzinom
- Pankreaskarzinom
Wie die Daten der letzten Jahre zeigen, profitieren Patientinnen und Patienten mit serosadurchbrechenden (T3), organüberschreitenden (T4) Kolorektalkarzinomen mit oder ohne Perforation im Umfeld des Primärtumors, T3 - T4 Magenkarzinomen mit oder ohne Peritonealkarzinose, Magenkarzinomen mit Ovarialmetastasen (Krukenbergtumor) bei Frauen, primärer Peritonealkarzinose und primären oder rezidivierenden serösen Adenokarzinomen des Ovars/der Tube mit ausgedehnter Peritonealkarzinose vom Konzept der CRS/HIPEC und PIPAC.
Limitierend in der Entscheidungsfindung zur CRS vor HIPEC sind negative Selektionskriterien, wie eine diffuse Peritonealkarzinose mit Befall mehrerer Quadranten und einem Peritoneal Cancer Index (PCI) > 15, PCI des Dünndarmes > 3, verbleibende Dünndarmlänge nach Resektion < 3 m, duodenale Infiltration, Siegelringzell-Differenzierung bzw. absolute Kontraindikationen wie ein ECOG-Status > 2 (Eastern Cooperative Oncology Group), eine herabgesetzte Immunabwehr (z.B. HIV oder Zweitmalignom), kardiale, pulmonale oder renale Begleiterkrankungen, Ileus, extraabdominale Metastasen sowie ausgedehnte paraaortale und paracavale Lymphknotenmetastasierung. Die mediane diagnostische Laparoskopie mit Peritonealbiopsien und intraoperativer PCI-Bestimmung ist elementarer Bestandteil der Selektion geeigneter Patienten und Patientinnen.
In der palliativen Situation steht die Symptomkontrolle mit Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der oligosymptomatisch verbleibenden Lebenszeit im Vordergrund. Die Behandlung des refraktären malignen Aszites mittels palliativer HIPEC oder PIPAC zeigt vielversprechende Ansprechraten hinsichtlich des malignen Aszites in den Beobachtungszeiträumen.
Im Rahmen einer PIPAC kann der PCI bestimmt werden, es können Proben entnommen werden und es erfolgt eine Fotodokumentation. Bei Wiederholung der PIPAC nach 4-6 Wochen kann nach neuerlicher Peritoneum-Biopsie ein Ansprechen der bisherigen Therapie unter dem Mikroskop evaluiert werden. Die PIPAC hat neben der Palliation auch ihren Stellenwert als pseudoneoadjuvantes Therapiekonzept. Anders als bei der CRS/HIPEC stellt ein PCI > 15 keine Kontraindikation für die Fortsetzung der Therapie dar.