Seit Anfang der 1950er Jahre gewinnen die internationalen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und anderen Staaten ständig an Bedeutung.
Auf Grund der stetig zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaftsprozesse und der dadurch bedingten Mobilität von Arbeitskräften bedurfte es Regelungen, um zum Beispiel grenzüberschreitend tätige Personen in Bezug auf die Wahrung ihrer sozialen Rechte abzusichern.
Bilaterale Abkommen
Vor diesem Hintergrund wurden von Österreich mit einer Reihe von Staaten bilaterale Abkommen geschlossen.
Diese stets zwischen zwei Staaten getroffenen Abkommen orientieren sich in der Regel an folgenden international anerkannten Grundsätzen:
- Gleichbehandlung der Staatsangehörigen im Bereich der sozialen Sicherheit,
- Berücksichtigung der im anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten bei Leistungsansprüchen,
- Festlegung, in welchem Staat die Versicherung eintritt,
- Berechnung der Pensionen entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten,
- Export von Geldleistungen in Vertragsstaaten und
- Gewährung von Leistungsaushilfen in der Kranken- und Unfallversicherung durch die Versicherungsträger in den Vertragsstaaten.
Multilaterale Abkommen
Ungeachtet der bilateralen Regelungen existieren auch multilaterale (zwischen mehreren Staaten abgeschlossene) Abkommen. Zu erwähnen ist dabei vor allem das "Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum" (EWR-Abkommen), das am 01.01.1994 in Kraft getreten ist.
Seit diesem Zeitpunkt sind im Bereich der sozialen Sicherheit im Verhältnis zwischen Österreich und den EU- bzw. EWR-Staaten die einschlägigen Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechtes verbindlich anzuwenden. Nachdem das EWR-Abkommen bereits seit 1994 in Kraft ist, ergaben sich durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (EU) am 01.01.1995 in Bezug auf die soziale Absicherung keine Änderungen.
Seit dem 01.06.2002 gilt das Gemeinschaftsrecht auch im Verhältnis zwischen der Schweiz und den EU-Staaten.
Durch die seit 01.06.2003 geltende Verordnung Nr. 859/2003 bzw. die per 01.01.2011 in Kraft getretene Verordnung Nr. 1231/2010 werden Drittstaatsangehörige ebenfalls von den einschlägigen Koordinierungsvorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechtes umfasst. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich deren rechtmäßiger Wohnsitz in einem EU-Staat befindet und ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
Ausgenommen von dieser Gleichstellung sind allerdings Staatsangehörige von Drittstaaten, die im Bereich der sozialen Absicherung Berührungspunkte mit Dänemark, dem EWR (Island, Liechtenstein, Norwegen) sowie der Schweiz aufweisen.
Zwischen der Schweiz und den EWR-Staaten gelangt das europäische Gemeinschaftsrecht erst seit 01.01.2008 zur Anwendung.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für sämtliche Bürgerinnen und Bürger aus den EU- bzw. EWR-Staaten sowie Schweizer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger (teilweise auch für Drittstaatsangehörige mit rechtmäßigem Wohnsitz in einem EU-Staat und grenzüberschreitendem Sachverhalt) mittlerweile grundsätzlich die Koordinierungsvorschriften des europäischen Rechtes bezüglich der sozialen Sicherheit anzuwenden sind.
Ob die geltende Verordnung Nr. 1408/71 oder die seit 01.05.2010 gültige Verordnung Nr. 883/2004 heranzuziehen ist, ist auf Seite 8 ff. näher erläutert. Die genannten Verordnungen werden im Folgenden kurz als VO 1408/71 bzw. VO 883/2004 bezeichnet.
Bedingt durch den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU erfolgt die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme (für Übergangsfälle) durch das mittlerweile abgeschlossene Austrittsabkommen (AA) und seit 2021 durch das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit (HZA).
Abkommen oder europäisches Recht?
Das europäische Gemeinschaftsrecht sichert im Vergleich mit den zwischen Österreich und den EU-/EWR-Staaten bzw. der Schweiz noch in Kraft stehenden bilateralen Abkommen einen umfassenderen Schutz der betroffenen Wanderarbeitnehmerinnen und Wanderarbeitnehmer.
Durch die zwischenzeitlich erfolgte Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen finden diese bilateralen Abkommen nur noch in wenigen Ausnahmefällen Anwendung und werden größtenteils durch das europäische Recht abgelöst.
In jenen Bereichen, in denen die bilateralen Abkommen günstigere Regelungen als die Verordnungen enthalten, sind sie jedoch weiterhin anzuwenden.
Nationales Recht
Zum Teil bestehen auch im jeweiligen nationalen Sozialversicherungsrecht Bestimmungen, unter welchen konkreten Voraussetzungen bei einer Tätigkeit im Ausland die Pflichtversicherung im Inland aufrecht bleibt. Diese unter anderem im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) enthaltenen Regelungen kommen zum Beispiel bei Entsendungen außerhalb der EU bzw. des EWR und der Schweiz sowie in Staaten, mit denen kein entsprechendes bilaterales Abkommen besteht, zur Anwendung.
Im Verhältnis zum europäischen Recht bzw. den bilateralen Abkommen sind jene nationalen Bestimmungen nachrangig, die Sachverhalte mit Auslandsberührung regeln.
Internationale Organisationen
Darüber hinaus bestehen auch noch Sonderregelungen für Bedienstete bestimmter internationaler Organisationen (IAEO, UN, UNIDO, OSZE etc.).
Gut zu wissen
Als Drittstaatsangehörige gelten Personen, die keine Staatsbürgerschaft eines EU-Landes bzw. EWR-Staates oder der Schweiz besitzen.
Das Territorialitätsprinzip bedeutet, dass immer das nationale Sozialversicherungsrecht jenes Staates zu beachten ist, in dessen Hoheitsgebiet die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.
Staatsverträge sind Verträge zwischen Völkerrechtssubjekten (das sind insbesondere Staaten bzw. internationale Organisationen). Man unterscheidet bilaterale (zwei Vertragspartner) und multilaterale (mehr als zwei Vertragspartner) Staatsverträge.
In Österreich werden auf Gesetzesstufe stehende Staatsverträge vom Nationalrat (in bestimmten Fällen mit Zustimmung des Bundesrates) genehmigt und vom Bundespräsidenten abgeschlossen.
Quelle: www.bmeia.gv.at