Die Prüfung der Dienstnehmereigenschaft erfolgt anhand der zwischen der Dienstgeberin bzw. dem Dienstgeber und der Dienstnehmerin bzw. dem Dienstnehmer getroffenen Vereinbarung und der tatsächlich gelebten Verhältnisse. Dies gilt auch bei der Beurteilung von durch Familienmitglieder ausgeübten Tätigkeiten in den Betrieben naher Angehöriger.
Bei der Frage, ob ein Dienstverhältnis oder familienhafte Mitarbeit vorliegt, handelt es sich stets um eine Einzelfallbeurteilung. Die Erläuterungen, die vom Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit dem Bundesministerium für Finanzen und der Wirtschaftskammer Österreich abgestimmt wurden, dienen daher nur als Orientierungshilfe.
Eine Grundvoraussetzung für die Annahme familienhafter Mitarbeit ist bei den meisten Familienangehörigen die vereinbarte Unentgeltlichkeit der Tätigkeit, das heißt es dürfen tatsächlich keine Geld- oder Sachbezüge (auch nicht durch Dritte) gewährt werden.
Ein Wechsel zwischen der Ausübung der Tätigkeit auf Grund eines Dienstverhältnisses mit der bloßen Mithilfe im Familienverband ist allerdings nur bei einer einschlägigen und tatsächlichen Änderung der faktischen Gegebenheiten möglich.
Ehegattinnen und Ehegatten, eingetragene Partnerinnen und eingetragene Partner
- Die Mitarbeit einer Ehegattin bzw. eines Ehegatten im Betrieb der bzw. des anderen gilt auf Grund der ehelichen Beistandspflicht (§ 90 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch - ABGB) als Regelfall und die Begründung eines Dienstverhältnisses als Ausnahme. Im Zweifel ist daher von einer Tätigkeit im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht auszugehen. Eine Abgeltung für diese Art der familienhaften Mitarbeit stellt kein Entgelt dar, sondern basiert auf einem familienrechtlichen Anspruch im Sinne des § 98 des ABGB.
- Ein Dienstverhältnis kann nur dann angenommen werden,
- wenn diesbezüglich ein ausdrücklich oder konkludent vereinbarter Entgeltanspruch sowie persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vorliegen, die nach außen eindeutig zum Ausdruck kommt (Dienstvertrag, Weisungsgebundenheit, organisatorische Eingliederung, Zeitaufzeichnungen, Führung eines Lohnkontos, Auszahlung von Arbeitslohn und Überweisungsbelege etc.) und
- mit Familienfremden unter gleichen Voraussetzungen abgeschlossen worden wäre (Fremdvergleich).
- Für die Annahme eines steuerlichen Dienstverhältnisses muss außerdem die Tätigkeit über das Ausmaß der ehelichen Beistandspflicht hinausgehen.
- Haushaltstätigkeiten resultieren aus der ehelichen Beistandspflicht und begründen daher keine Pflichtversicherung.
- Diese Ausführungen gelten auch für eingetragene Partnerinnen und eingetragene Partner nach dem Eingetragenen Partnerschaft-Gesetz (EPG).
Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten
Eine Lebensgemeinschaft stellt eine eheähnliche Gemeinschaft dar und besteht aus einer Geschlechts-, Wohnungs- und vor allem Wirtschaftsgemeinschaft.
- Bei Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten gibt es keine gesetzlich verankerte Beistandspflicht entsprechend § 90 ABGB. Trotzdem wird - analog zu den Ehegattinnen und Ehegatten - die Begründung eines Dienstverhältnisses die Ausnahme sein. Im Zweifel ist daher von einer Beschäftigung auszugehen, die kein Dienstverhältnis begründet.
- Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den Ehegattinnen und Ehegatten.
Kinder
- Hinsichtlich Kinder gilt die Vermutung, dass sie auf Grund der familiären Beziehung und nicht auf Grund eines Dienstverhältnisses im elterlichen Betrieb mitarbeiten, sofern nicht anderes vereinbart wurde, und eine Vollversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit besteht oder eine schulische Ausbildung, Berufsausbildung oder ein Studium absolviert wird.
Steuerlich kann ein Dienstverhältnis grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn die Mitwirkung fremdüblich abgegolten wird. - Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den Ehegattinnen und Ehegatten.
- Diese Ausführungen gelten auch für Adoptiv- und Stiefkinder.
- Für Schwiegerkinder gilt keine familienrechtliche Mitarbeitspflicht, es sind die für sonstige Angehörige dargestellten Kriterien anzuwenden.
- Zu beachten ist die Versicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 3 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG): Im Betrieb der Eltern, Großeltern, Wahl- oder Stiefeltern ohne Entgelt regelmäßig beschäftigte Kinder sind vollversichert, wenn sie
- das 17. Lebensjahr vollendet haben,
- keiner anderen Erwerbstätigkeit hauptberuflich nachgehen,
- keine Beschäftigung in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb vorliegt.
Tipp!
Anstelle der Unentgeltlichkeit könnte in diesen Fällen ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vereinbart werden. Die monatliche Geringfügigkeitsgrenze gelangt aber nur dann zur Anwendung, wenn die Beschäftigung für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart wird.
Es ist darauf zu achten, dass die geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin bzw. der geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer nur so viele Stunden im Monat arbeiten darf, als unter Zugrundelegung eines kollektivvertraglichen Mindestlohnes (oder vereinbarten höheren Lohnes) bzw. ortsüblichen Lohnes (bei Nichtgeltung eines Kollektivvertrages) die Geringfügigkeitsgrenze (2024: EUR 518,44 monatlich) nicht überschritten wird.
Ein "Taschengeld", welches dem Kind auf Grund der Unterhaltsleistung der Eltern zur freien Verfügung überlassen wird, stellt aber kein Entgelt im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 ASVG dar.
Eltern, Großeltern
Es wird bei diesem Personenkreis dann nicht von einem Dienstverhältnis auszugehen sein, wenn eine kurzfristige Tätigkeit vorliegt und eine Vollversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit besteht, eine schulische Ausbildung, Berufsausbildung oder ein Studium absolviert wird oder eine Eigenpension oder ein vergleichbarer Ruhe- bzw. Versorgungsgenuss besteht.
Geschwister, sonstige Verwandte
Je entfernter das Verwandtschaftsverhältnis, desto eher ist ein Dienstverhältnis anzunehmen. Es gibt bei Schwiegerkindern, Schwägerinnen und Schwägern, Nichten und Neffen etc. keine familienrechtlichen Verpflichtungen, das heißt keine wechselseitigen Unterhaltsansprüche. Es ist daher - bei Vorliegen der Voraussetzungen - von einem Dienstverhältnis auszugehen. Wenn jedoch Unentgeltlichkeit vereinbart wurde, wird bei einer kurzfristigen Tätigkeit nicht von einem Dienstverhältnis auszugehen sein.
Gesellschaften
- Die obige Systematik gilt für Verwandte der Einzelunternehmerin bzw. des Einzelunternehmers sowie für Verwandte von Gesellschafterinnen und Gesellschaftern einer Offenen Gesellschaft (OG), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR) oder dergleichen. In Kapitalgesellschaften ist eine familienhafte Tätigkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist hier im Einzelfall zu beurteilen, ob bei der Tätigkeit naher Angehöriger die Voraussetzungen für ein Dienstverhältnis vorliegen.
- Aber Achtung: Ist das mitarbeitende Familienmitglied selbst Gesellschafterin bzw. Gesellschafter einer den Betrieb führenden Personengesellschaft (Offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts), so wird in der Regel eine Versicherungspflicht nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz - GSVG (gegebenenfalls auch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz - BSVG) vorliegen.
Vermutung für oder gegen ein Dienstverhältnis
Vermutung | für ein Dienstverhältnis | gegen ein Dienstverhältnis |
Ehegattinnen und Ehegatten | X | |
Eingetragene Partnerinnen und eingetragene Partner | X | |
Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten | X | |
Kinder | X | |
Eltern | X | |
Eltern - nicht betriebsnotwendig und unentgeltlich | X | |
Geschwister, sonstige Verwandte | X |
Bitte beachten Sie, dass eine Beurteilung der Pflichtversicherung immer nur anhand der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall erfolgen kann.
Mustervereinbarung und Merkblatt
Eine Mustervereinbarung und ein Merkblatt stehen Ihnen hier zum Download zur Verfügung:
Mustervereinbarung zur familienhaften Mitarbeit (PDF, 726 KB)
Merkblatt zur familienhaften Mitarbeit in Betrieben (PDF, 738 KB)